Bräuche: Gansabhauet Sursee

Der archaische Brauch in Sursee findet jeweils am Martinstag statt. Der 11. November ist der Gedenktag des heiligen Martin von Tours. An diesem Tag finden viele Bräuche statt, was auf zwei zusammenhängende Umstände zurückzuführen ist. Zum Einen war es der traditionelle Tag des Zehnten, d.h. die Zinsen mussten beglichen werden und dies üblicherweise in Naturalien. Viele bezahlten mit Gänsen, da das Futter für den Winter nicht für alle Tiere ausreichte. Daneben ist der Martinstag auch der letzte Tag vor der 40 tägigen Fastenzeit. An diesem Tag konnten die Leute nochmals Schlemmen.

Beim Brauchtum der Gansabhauet geht es darum, den Hals einer toten Gans mit einem Säbelhieb zu durchtrennen. Diesen Brauch gibt es schon seit über zweihundert Jahren, in den Geschichtsbüchern gibts sogar schon im Jahr 1823 einen Hinweis davon. Sehr wahrscheinlich, wenn auch nicht historisch belegbar, geht der Anlass auf die fälligen Zehntenabgaben am Martinstag zurück. Die Zahlungen mussten an die Klöster Muri, St. Urban und Einsiedeln abgeliefert werden. Angesichts der grossen Mengen, welche am 11. November übergeben wurden, offerierten die klösterlichen Amtsleute jeweils zwei Gänse, die man gewinnen konnte. Zu dieser Zeit war eine Gans etwas sehr wertvolles. Das Gänsefleisch war sehr teuer, wenn nicht sogar das teuerste Fleisch und ebenfalls war das Gänsefett sehr begehrt. Die Daunen konnten für Decken genutzt werden, sowie die Federkiele wurden zum Schreiben gebraucht. Mit einer Gans zahlte man vor dreihundert Jahren einem Lohnarbeiter zwei Tage die Arbeit.

Die Gansabhauet hat sich immer wieder gewandelt. 1880 begann sich die kurz davor gegründete Surseer Fasnachtszunft «Heini von Uri» zu engagieren. Im selben Jahr wurden erstmals die Spiele «Chäszänne», Stangenklettern und «Sackgompe» für die Kleinen veranstaltet und erstmals die Schläger in eine Sonnenmaske und in einen roten Mantel gekleidet.

Noch heute zieht es am Martinstag zahlreiche Schaulustige nach Sursee. Nachmittags um 14.30 Uhr beim Diebenturm, erfahren die jungen Frauen und Männer, welche sich zum Gansabhauetschlagen angemeldet haben, in welcher Reihenfolge das Los sie versuchen lässt, eine der beiden Gänse zu gewinnen. Um 15 Uhr ziehen die Organisatoren, der Stadtrat, die Zunft «Heini von Uri» und die geladenen Gäste vor das Rathaus. Um 15.15 Uhr, nach einem Glas Wein und einigen Drehungen um die eigene Achse, kommt es zum ersten Schlag. Gekleidet in einen roten Umhang, ausgerüstet mit einem stumpfen Dragonersäbel, die Augen hinter der goldenen Sonnenmaske verbunden, versuchen die jungen Frauen und Männer die Gans mit einem einzigen Hieb herunterzuschlagen. Jeder Schläger darf nur einmal schlagen. Die tote Gans wird am Hinterkopf an einem Draht über der Bühne aufgehängt. Meist braucht es mehrere Hiebe, bis die Gans geköpft ist, da der Säbel stumpf ist und die Personen wegen der Maske nichts sehen. Der Schläger, bis heute nur Männer, welcher mit einem Schlag die Gans herunterschlägt, hat neben Ruhm und Ehre auch das Tier gewonnen. Dies gibt ein Festmahl mit Freunden. Wurde die erste Gans erfolgreich geschlagen, wird die zweite Gans am Hinterkopf aufgehängt und es geht so lange weiter, bis auch diese heruntergeschlagen ist.

Zwischen den einzelnen Schlägen der Schlägerinnen und Schläger ist die Bühne frei für die Kinder. Beim «Chäszänne» müssen sie eine möglichst wilde und schreckliche Grimasse schneiden, damit sie zur Belohnung ein Stück guten Käse erhalten. Das Stangenklettern verlangt etwas Mut. An einem Rad, oben an der rund fünf Meter langen und glatten Holzstange, gut und meist blickdicht verpackt, sind Geschenke des Surseer Gewerbes befestigt. Kinder und Jugendliche versuchen, die Stange zu erklettern, um eine der begehrten Gaben zu erhaschen. Das «Sackgompe» wird als Wettrennen über die Bühne durchgeführt.

Nach der Gansabhauet um ca. 17.30 Uhr rundet ein Räbenlichterumzug der Kinder den Anlass ab. Für die geladenen Gäste, sowie den Stadtrat und die Zünfter, findet am Abend noch ein Festmahl im Rathaus statt.

Auch dieses Jahr freut man sich in Sursee auf diesen Anlass. Wer Zeit und Lust hat, kann gerne am 11. November einen Ausflug machen und sich diesen Brauch vor Ort anschauen.

cw

Quellen: sursee.ch / wikipedia

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