Eingesandt: Jägertag

Zwei Jagdhörner schmettern ein fröhliches Jägerlied, während über sechzig Kinder und Erwachsene erwartungsvoll zuhören. Mit diesem Gruss heissen uns Hans Enderli von der Jagdgesellschaft Thalheim, sowie vier weitere Jäger und Doris Morf, die Primarschulpräsidentin, beim Schützenhaus herzlich willkommen.

Nach den ersten Erklärungen kann es endlich losgehen. In vier Gruppen marschieren wir zu den verschiedenen Posten, die die Jäger informativ und spannend zusammengestellt haben.

«Ich sehe einen Bären!» ruft ein Kind aufgeregt. Tatsächlich sieht man nahe des Feldes im hohen Gras etwas Grosses mit einem grau-braunen Pelz. Wir bleiben auf dem Waldweg stehen und Patrick Enderli fragt die Kinder: «Gibt es denn tatsächlich Bären bei uns?» Die einen sind unsicher, die anderen verneinen lachend. Nach einigen Fragen steht fest, dass dieses «Etwas» ein Wildschwein sein muss. Gespannt bahnen wir uns einen kleinen Pfad durchs Dickicht und stehen wenig später am riesigen ausgestopften Tier. Der Jäger erzählt den kleinen und grossen Besuchern viel Wissenwertes. So erfahren wir zum Beispiel, dass ein Wildschwein acht Zitzen hat und deshalb auch maximal acht Frischlinge aufziehen kann, auch wenn sie mehr gebärt. Mit ihrer langen Nase gräbt sie den Boden bis zu dreissig Zentimeter Tiefe um, was der Bodenverdichtung im Wald entgegen kommt. So können auch anspruchsvollere Pflanzen im Wald gedeihen, was den Förster freut. Gräbt aber ein Wildschwein einen Acker um, freuts den Bauern weniger …

Nachdem auch die ausgestopften Frischlinge gestreichelt wurden, geht es an versteckt liegenden Weihern zum Posten mit den Waffen. Die Kinder rennen schon weit voraus und bewundern die verschiedenen Gewehre, die auf dem Tisch liegen. Die Jagdhündin Lexa liegt brav zu Füssen von Hans Enderli. So erfährt man hier, dass die Ausbildung eines Hundes zu einem Jagdhund eine lange Sache ist und viel Geduld braucht. Wenn ein Tier verletzt ist, sondert es von den Hufen einen bestimmten Geruch ab, den der Hund erkennen muss. Dieser Spur muss er folgen und falls das Tier noch lebt, mit einem gezielten Kehlbiss töten. Soweit ist aber seine Lexa noch nicht, deshalb hat er auch einen Revolver dabei, mit dem er das Tier aus naher Distanz erlösen kann.

Nahm man bisher an, dass Jäger Menschen sind, die gerne schiessen, wurde man hier eines Besseren belehrt. Hans Enderlin spricht mit grossem Respekt von den Tieren und man merkt aus seinen Erzählungen, dass die Jagd mehr mit Schutz, Beobachten und Sorgen als mit Töten zu tun hat. So erzählt er uns von einer Begebenheit, die er in der vergangen Woche erlebt hat:

Ein Weizenfeld wurde von einer Horde Wildschweine verwüstet. Er konnte sich bis auf dreissig Meter heranschleichen und hörte dann, wie sie miteinander «schwatzten». Die Laute liessen ihn erkennen, dass auch Frischlinge dabei waren. Und da er nicht ausmachen konnte, zu welcher Sau die Jungen gehörten, schoss er nicht.

Man erfährt auch, dass der Jäger gut schätzen muss, denn ein Wildschwein darf nur geschossen werden, wenn es um die fünfzig Kilogramm wiegt, also noch sehr jung ist.

Das Halten eines Gewehres mit Blick durch das Zielfernrohr auf eine dreissig Meter weit entfernt stehende Rehgeiss aus Holz lässt die Bubenherzen höher schlagen.

Ein Stück zurück geht es weiter zum «Wild-Wald-Wissen»-Wagen, einem Anhänger mit ausgestopften Tieren, Gebissen, Tierstimmen-Imitatoren, und vielem mehr. Endlich können wir den Rotmilan, der immer über unsere Köpfe kreist, mal genauer betrachten, oder den Biber, den wir schon oft vergeblich versucht hatten, zu Gesicht zu bekommen. Wir erfahren etwas über den Schutz der Tiere und über die Vielfalt, die in unseren Wäldern lebt (und man nie zu Gesicht bekommt). Während die Kinder den Biber und den Luchs streicheln, Tierstimmen erraten und Fährten lesen, erfahren die Erwachsenen, dass der Milan geschützt ist und somit nicht geschossen werden darf. Für andere Tierarten kann sich das fatal auswirken, wenn noch andere Faktoren dazukommen. So ist die Feldhasenpopulation in den letzten Jahren stark zurückgegangen, weil es viel mehr Milane und Füchse gibt.

Plötzlich ertönt ein lauter, voller Klang, ähnlich dem Jagdhorn, bei dem der ganze Körper mitschwingt. Es ist eine zwei Handteller grosse Schneckenmuschel, deren oberes Ende angesägt worden ist.

Geblasen wird dieses «Horn» wie eine Trompete und ist weit zu hören. Damit geben sich die Jäger Signale, wenn sie ein Tier gesichtet oder geschossen haben. Je mehr Töne hintereinander, desto grösser das Tier.

Unser Gruppenführer mahnt zum Weitermarsch, sonst hätten wir alle noch lnage an diesem Posten verweilt. Aber wir wollen auch noch den letzten Posten sehen, wo es um Dachse und Füchse geht.

Wir steigen einen Hügel hoch und sehen dabei immer wieder Löcher. Ob der ganze Hügel unterhöhlt und mit Gängen durchzogen ist? Der Postenchef bestätigt unsere Hypothese. Es gibt hier etwa fünfzig Röhren und viele Dachse. Diese sind übrigens sehr saubere Tiere und haben in ihrem Bau sogar eine WC-und Abfallgrube. Der Fuchs dagegen, der sich gerne die gegrabenen Baue der Dachsen stiehlt, hat es nicht so mit der Reinlichkeit.

Nach diesen zwei äusserst interessanten Stunden knurrt der Magen nun doch allmählich. Schliesslich ist es auch zwölf Uhr. Zurück beim Schützenhaus werden wir mit Hörnligratin und Salaten (zubereitet und geliefert vom Restaurant Brückenwaage) und köstlichen Wild-Hamburgern und Wildschwein-Steaks, gespendet vom Jägerverein, verwöhnt. Auch der Durst und der süsse «Gluscht» kommen nicht zu kurz. Während die Kinder einen «Rutschbahnstau» machen und das Spielgerät einem Härtebelastungstest unterziehen, geniessen die Erwachsenen einen Schwatz mit anderen Dorfbewohnern, denen man im Alltag vielleicht weniger begegnet. Nach dieser ausgiebigen Stärkung löst sich die Runde gegen zwei Uhr langsam auf.

Zu danken bleibt Hans Enderli und seinen Jagdgesellen für den tollen, spannenden Vormittag und das feine Essen, sowie Doris Morf und Christine Jordi (Präsidentin Dorfverein) für die Mitorganisation.

Text: Tanja Riegel; Fotos: Barbara Flacher

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